Nach § 9 Abs. 1 Bewertungsgesetz ist grundsätzlich, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen. Dieser bestimmt sich durch den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.
Das Finanzgericht Hessen hatte im Fall einer Erbschaft aus dem Jahr 2012 zu entscheiden, wie Anteilscheine an einem offenen Immobilienfonds zu bewerten sind. Das Fondmanagement hatte die Rücknahme der Anteilscheine im Mai 2010 für zwei Jahre ausgesetzt und den Anlegern später mitgeteilt, dass die fehlende Liquidität des Fonds die Kündigung und dessen Auflösung zur Folge hat. Bei der Erbschaftsteuerfestsetzung wehrte sich die Klägerin dagegen, dass das Finanzamt die Anteilscheine mit dem Rücknahmewert angesetzt hatte. Dieser sei – so die Klägerin – infolge der Aussetzung der Rücknahme der Anteilscheine nicht mehr zu realisieren gewesen. Maßgeblicher Wertansatz müsse vielmehr der niedrigere Börsenwert als gemeiner Wert sein.
Die Richter haben der Erbin Recht gegeben, wonach die Anteilscheine nicht mit dem Rücknahmepreis nach § 11 Abs. 4 Bewertungsgesetz sondern mit dem niedrigen Börsenkurs anzusetzen sind. Im Streitfall ist die Rücknahme der Anteilscheine zum Besteuerungszeitpunkt ausgesetzt gewesen, womit ein den Preis beeinflussender Umstand vorlag.
Quelle: Finanzgericht Hessen mit Pressemitteilung vom 07. April 2016; Urteil vom 17. Februar 2016 (Az. 1 K 1161/15, Revision anhängig)